Unternehmensübernahme: Fusion der Kulturen

Das schwere Fahrwasser, in dem sich die deutsche Wirtschaft derzeit bewegt, verändert auch die Unternehmenslandschaft. Neben zahlreichen Insolvenzen und Verlagerungen von Unternehmen und Unternehmensteilen in andere Länder steigt auch die Zahl der Firmenübernahmen durch Wettbewerber oder andere Marktteilnehmer. Betroffen sind dabei sehr häufig mittelständische Betriebe und Familienunternehmen, auch solche, die bereits seit vielen Jahrzehnten bestehen. Nicht immer ist dabei eine finanzielle Schieflage ursächlich für eine Übernahme, sondern auch markt- und wettbewerbstechnische Faktoren sowie Maßnahmen im Zusammenhang mit einer Nachfolgeregelung können für entsprechende Entscheidungen ausschlaggebend sein.  

In jedem Fall ist eine Übernahme oder Verschmelzung von Unternehmen eine besonders große Herausforderung, bei der allen Stakeholdern einschließlich Aufsichtsräten und Beiräten eine hohe Verantwortung zukommt, sowohl bei allen grundlegenden Entscheidungs- als auch bei der Vorbereitung und Umsetzung der innerbetrieblichen Anpassungsprozesse. Strukturen müssen verändert und mit denen des Käufer- oder Partnerunternehmens verschmolzen werden und nicht nur die allgemeinen Geschäftsprozesse, sondern auch die IT-Systeme und die zugehörige Organisation sind unter einem neuen Dach zu integrieren – ein eigenes Digitalisierungskapitel. All dies verlangt ein intelligentes Projektmanagement (mit effizientem Change Management), bei dem die jeweiligen Mitarbeiter, die oft jahrelang in gewachsenen Strukturen gearbeitet haben, mit einbezogen werden müssen.

Ein aktuelles Praxisbeispiel für eine solche Entwicklung ist die Übernahme eines tradierten Familienunternehmens durch einen amerikanischen Konzern. Die Integration von Strukturen, Prozessen aller Art und Arbeits- bzw. Verhaltensmustern der Mitarbeiter des deutschen Mittelständlers musste mit großer Professionalität in kurzer Zeitspanne geleistet werden, weshalb sich Management und Aufsichtsrat entschlossen, externe Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Nicht zuletzt die digitale Vernetzung der Geschäftsmodelle des vereinten Unternehmens über hoch moderne IT-Systeme stellte dabei eine Herausforderung dar. Ebenso entscheidend war die Verschmelzung und Anpassung der Mitarbeiterkulturen und -werte, wofür eine entsprechende Veränderungswilligkeit bei den Menschen im Unternehmen geschaffen oder gefördert werden musste.

Gerade die Bereitschaft der Mitarbeitenden, am Wandel im Unternehmen nicht nur teilzunehmen, sondern ihn aktiv mitzugestalten und mit eigenen Umsetzungsideen zu unterstützen und voranzutreiben, ist eine Grundvoraussetung für das Gelingen von Firmenübernahmen sowie die Implementierung einer erfolgreichen wirtschaftlichen Zukunftsstrategie. Die Hauptaufgabe für die externe Projektleitung bestand daher darin, in Zusammenarbeit mit den Aufsichtsräten die Integration von Vorstand, Geschäftsführung und Mitarbeitenden in ein Team zu organisieren, das im gemeinsam akzeptierten Unternehmensinteresse an einem Strang zog. Dazu waren alle Beteiligten zu einem frühen Zeitpunkt angesprochen und motiviert worden – wohl ein entscheidender Grund dafür, dass das Integrationsprojekt erfolgreich abgeschlossen werden konnte.

Ein von Anfang an holistischer Ansatz bei den Integrationsprozessen war entscheidend für den Erfolg des Projekts, das als Blaupause für ähnlich gelagerte Aufgaben verstanden werden kann. Im gegenwärtigen Marktumfeld können sich Unternehmen bei der Verschmelzung keine Misstöne in der Belegschaft oder Unwuchten bei den IT- und Geschäftsprozessen leisten, wenn sie als eine vereinigte schlagkräftigen Organisation in die Zukunft schreiten wollen. Umfassendes Integrations-Know-how, verbunden mit einfühlsamer Mitarbeiteransprache ist dabei unerlässlich. Als Management-Experte empfehle ich den Blick auf das Risiko und die möglichen Folgen eines Scheiterns der Verflechtung zweier Unternehmenslandschaften sowie gezielt interne Transformationsteam und externe Projektmanagementspezialisten an Bord zu holen. Dieser Schritt sollte zu einem möglichst frühen Zeitpunkt erfolgen, denn einmal eingeschlagene Wege sind nicht leicht zu korrigieren.