Ratgeber und Kontrolleur: Die Aufsichtsgremien in der nachhaltigen Transformation

 

Der Aktionsplan der EU-Kommission zur Förderung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums (Teil des Themenkreises „E“ im ESG-Komplex) lässt keine Zweifel aufkommen: Unternehmen, die nicht rechtzeitig eine Transformation ihrer Geschäftsprozesse in Richtung Emissionssenkung und Ressourcenschonung in Angriff nehmen, wird das Leben schon in naher Zukunft erheblich schwerer gemacht als bisher. Insbesondere wird die Finanzierung von Innovationen in zunehmendem Maße davon abhängen, ob die Unternehmensführung den Banken ein tragfähiges Konzept vorlegen kann, das erkennen lässt, wie sich das zukünftige Businessmodell in die Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsvorgaben der EU-Taxonomie einfügen wird.

Je nach Branche kommen damit auf die einzelnen Betriebe unterschiedlich große Herausforderungen zu. Energieintensive und allgemein eng mit fossilen Energieträgern verbundene Geschäftsmodelle (beispielsweise im Bereich der Chemieindustrie) erfordern selbstverständlich höhere Transformationsanstrengungen als etwa reine Handwerksdienstleistungen. Und wenn das Business eines Unternehmens nur noch den Transport von Heizöl umfasst, dürfte Geld für eine Erweiterung der langfristigen Lagerkapazität von der Hausbank in Zukunft nur noch schwer aufzutreiben sein.

Die Aufgabe, das Management bei der Transformation in ein ESG-konformes Unternehmen zu begleiten, stellt an die Aufsichtsräte und Beiräte erhebliche Ansprüche, die nicht nur betriebswirtschaftliche, technische und organisatorische Kompetenz erfordern, sondern auch Geschick im Umgang mit Betriebsführung und Mitarbeiterschaft. Infolge der starken Identifikation mit dem eigenen Unternehmen und ihrem traditionellen Geschäftsmodell neigen insbesondere Familienunternehmen dazu, im Zweifelsfall am „Bewährten“ festzuhalten und größeren Veränderungen gegenüber skeptisch zu bleiben. In dieser Situation ist es für die Aufsichtsgremien unerlässlich, auf die staatlich vorgegebenen Pflichten zu verweisen und gleichzeitig motivierend in Richtung einer Überarbeitung der Businesskonzepte hinzuwirken. Unterstützung ist vor allem gefragt, wenn es darum geht, Stellschrauben und Transformationsmöglichkeiten zu identifizieren und Veränderung anzustoßen.

 

Dies erfordert zwingend eine ständig aktualisierte Kompetenz zum Stand der nationalen und EU-weiten Regulierungen auf den für die wirtschaftliche Aktivität des Unternehmens relevanten Segmenten. Der sachkundige Rat des Aufsichtsgremiums ist dann überall dort gefragt, wo Prozesse entweder angepasst oder neu gedacht werden müssen.

 

In vielen Unternehmen ist dem Aufsichts- oder Beirat eine Kontrollaufgabe zugewiesen. In diesem Fall haben die Mitglieder eine weit gehende Verpflichtung, die Umsetzung und Rechtskonformität der Nachhaltigkeitstrategie zu überwachen. Ein ganz wesentlicher Punkt ist dabei, dass zugleich die Wirtschaftlichkeit des Geschäftsmodells zu gewährleisten ist. Wissenschaftliche Erkenntnisse über den ökonomischen Nutzen nachhaltigen Wirtschaftens können dabei als Richtschnur und Motivation dienen.

Nur Aufsichts- oder Beiräte mit solidem technologischem (dies bedeutet heute: digitalem) und ökonomischem Wissen sowie Erfahrung in der Transformation von Unternehmensprozessen sind in der Lage, das in den kommenden Jahren mit der weiteren Ausgestaltng des ESG-Projekts immer komplexer werdende Aufgabenfeld „Nachhaltigkeit“ adäquat zu betreuen. Das bedeutet für die Unternehmen, sich rechtzeitig entsprechende Kompetenz aufzubaueen oder ins Haus zu holen.